In den vergangenen Monaten ließ Ministerpräsident Matthias Platzeck nur selten von sich hören, wenn es um die Betroffenheit hunderttausender Berlin-Brandenburger durch die geplanten neuen Flugrouten und -höhen des Großflughafens BER ging. Umso mehr überraschte seine Rede anlässlich einer durch die Bürgerinitiative Fluglärmfreie Havelseen initiierten Demonstration und Mahnwache am 29.08.2011 in Potsdam.
Der komplette Wortlaut der Rede: https://www.fluglaermfreie-havelseen.de/ministerpraesident-platzeck-gegen-nachtflugverbot/
Wenngleich seine Worte außer dem viel strapazierten, aber nicht durch konkrete Zahlen belegten Drohgespenst des Wohlstandsverlustes wenig Neues brachten („Kein Land, keine Region wird sich entwickeln, keine Wissenschaft, keine Wirtschaft, kein Tourismus ohne auch eine gute, ja exzellente Luftverkehrsanbindung“), bezog Ministerpräsident Platzeck in einem Punkt klar Stellung: „Die Forderung nach dem völligen Nachtflugverbot werde ich nicht unterschreiben! Werde ich nicht unterschreiben!“
Konkrete Nachfragen des Versammlungsleiters, Rechtsanwalt Peter Kreilinger, warum z.B. nicht nur der aktuell immer noch wachsende (!) Flughafen Berlin-Tegel, sondern auch eine moderne Metropolregion wie Tokio mit der etwa zehnfachen Einwohnerzahl Berlins sehr gut mit einem Nachtflugverbot zurechtkommen, verbat sich der Ministerpräsident scharf. Und so blieben leider diese und weitere wesentliche Fragen an ihn nicht oder nur mit Ausflüchten beantwortet.
Beispielsweise die Frage nach dem in den Regionalnachrichten durch einen Architekten des Flughafens durchgesickerten Plan zum Bau einer dritten Start- und Landebahn beantwortete Platzeck mit: „Ich kann Ihnen nur sagen, meine Phantasie reicht nicht aus, um mir in Schönefeld an diesem Standort, der schwierig genug ist, eine dritte Start- und Landebahn vorzustellen“, was in den Ohren der Demonstranten alles andere wie ein klares „Nein“ klang.
Die dritte wesentliche Frage, warum die Landesregierung nichts gegen die Pläne eines weitläufigen Luftraumes mit äußerst geringen Flughöhen tut, schob er wider besseren Wissens auf die politische Gegenpartei: „Wir werden auf Herrn Ramsauer zugehen, der ja manchen starken Spruch schon gemacht hat, und ihn fragen wie es dazu kommen kann“
Offensichtlich hat der Ministerpräsident vergessen, dass die Frage, ob schonende Flugrouten möglich sind, nicht in erster Linie von der dem Bundesverkehrsministerium untergeordneten DFS, sondern von der durch die Flughafeneigner (also maßgeblich die Länder Berlin und Brandenburg) nachdrücklich geforderten maximalen Kapazität abhängt.
„Diese ist aber gegenüber den früheren Planungen dramatisch angestiegen“, kommentiert Peter Kreilinger zurückblickend die Veranstaltung. „Denn die Landesregierungen Berlin und Brandenburg wollen versprechenswidrig ein großes Drehkreuz. Bei einem Drehkreuz – und nur bei einem Drehkreuz! – kommt es aber zu massiven Spitzenbelastungen. Denn um ein attraktives Umsteigen zu ermöglichen, müssen zur gleichen Zeit sehr viele Flieger am Flughafen sein. Genau diese Entscheidung der Landesregierungen zwingt die DFS zum unabhängigen Parallelbetrieb, zu weit verzweigten Routen und zu den sehr tiefen Anflügen im Radarführungsverfahren.“
Am 1.9.2011 steht im Brandenburger Landtag eine Erweiterung der Fluglärmkommission zur Abstimmung! Es ist skandalös, dass trotz der uns drohenden Anfluglast, zu der wir uns noch gesondert äußern werden, wir bei den hierfür vorgeschlagenen Gemeinden wieder nicht vorgesehen sind!
Der Film dazu: http://www.youtube.com/watch?v=RveSoc_YXpE