Ministerpräsident Platzeck positioniert sich gegen ein Nachtflugverbot

„Die Forderung nach dem völligen Nachtflugverbot werde ich nicht unterschreiben! Werde ich nicht unterschreiben!“ [Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Potsdam 29.8.2011]

Dies ist der Abdruck der Rede von Ministerpräsident Matthias Platzeck am 29.8.2011 vor der Potsdamer Staatskanzlei aus Anlaß der durch die Bürgerinitiative Fluglärmfreie Havelseen initiierten Demonstration und Mahnwache, in der sich Platzeck unumwunden gegen ein Nachtflugverbot ausspricht. Konkrete Antworten auf die Fragen der Demonstrierenden bleiben aus.

Ministerpräsident Platzeck, Rechtsanwalt Kreilinger und der SandmannBild: PPM

Begrüßung durch den Sprecher der Bürgerinitiative Fluglärmfreie Havelseen, Rechtsanwalt Peter Kreilinger. Auftritt des Ministerpräsidenten auf Rednerwagen, laute Pfiffe und Buh-Rufe.  Kreilinger bittet um faires Reden lassen und Ruhe.

Peter Kreilinger:

„Weil es uns aber in allererster Linie um die Sache geht, komme ich nicht umhin, Ihnen lieber Herr Ministerpräsident drei konkrete Fragen mit auf den Weg zu geben, sozusagen stellvertretend für die Leute die heute hier sind, und auf die wir glaube ich Antworten erwarten, damit nicht Worthülsen am Ende im Raum stehen.

  • Die erste Frage betrifft ganz konkret das Nachtflugverbot. Der parlamentarische Beratungsdienst hat in seinem Gutachten dazu gesagt, solange der Planergänzungsbeschluss nicht rechtskräftig ist, kann man da ziemlich viel ändern. Solange der Flugverkehr nicht auf wenige Stunden (des Tags wohlgemerkt!), beschränkt ist, gibt es da einen breiten Ermessensspielraum. Aber wenn das Bundesverwaltungsgericht, das dieses Ermessen nicht hat, sondern nur entscheidet, ob Sie die äußerste Grenze dessen überschritten haben, was die Menschen gegen die Politik vor Gericht erzwingen können, entschieden hat, dann haben Sie diesen Handlungsspielraum nicht mehr.
    • Deshalb appellieren wir dringend: Erstens wirklich noch vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes eine bessere Nachtflugregelung zu erlassen. Das Mindeste, das Allermindeste ist Tegel. Der Tegeler Flughafen wächst noch heute. Das ist ja schlicht pervers, die bauen da heute noch Hallen an, obwohl da in Kürze „Schicht im Schacht“ ist.
      Schönefeld schrumpft noch heute. Da muss doch dem Letzten aufgehen, dass die stupide und durch nichts belegte Behauptung, Nachtflug sei für die Wirtschaftlichkeit erforderlich, eine Lüge ist. Und deshalb sagen wir, das Mindeste ist die Tegel-Regelung.
    • Und wir erwarten Ehrlichkeit. Das heißt, dass darüber abgestimmt wird und sich jeder Abgeordnete, der nur seinem Gewissen verpflichtet ist, dazu positioniert, bevor man die Ausrede hat, man könne jetzt nach dem Urteil leider nichts mehr machen.
  • Das zweite Anliegen ist entstanden aus der aktuellen Debatte. Wir haben gerade als Havelseen durchaus mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Sie gesagt haben: „Es gibt Optimierungsmöglichkeiten“. Das ist Vielen versprochen worden, Manchen auch nicht. Mit denen sind wir solidarisch, das steht ohne Frage ohnehin fest. Aber auch denen, denen es versprochen worden ist, stellt sich die Frage, ob dieses Versprechen tragfähig ist. Und wir alle wissen: Es ist nicht tragfähig, wenn dieser Standort an diesem ungünstigen Platz auch noch ausgebaut wird. Jetzt gab es eine Debatte, weil eine Politikerin, die im Moment in der Opposition ist, aber Sie haben schon mal gut mit ihr zusammengearbeitet, gesagt hat: „Ab der dritten Bahn spätestens muss man ohne Denkverbote neu nachdenken.“ Auf sie ist „eingeschlagen“ worden. Das kann ich nur so interpretieren, dass die, die da jetzt „einschlagen“ sagen: „Natürlich bauen wir die dritte Bahn an diesen Standort“. Und deshalb die konkrete Frage an Sie: „Können Sie auf Ehre und Gewissen ausschließen, dass an diesem Standort eine Erweiterung stattfindet, obwohl jetzt nichts dafür getan wird, alternative Zukunftsoptionen zu eröffnen?“
  • Und die dritte Bitte, die lieben Freunde aus anderen Regionen wollen es mir nachsehen, dass ich hier an der Stelle pro domo spreche: Wir als Havelseen sind, sie kennen jetzt auch die Pläne für den weiträumigen Luftraum, in wesentlich tieferer Höhe betroffen, als das nach Ihren Angaben auch bei Ihnen in der Landesregierung ursprünglich bekannt und gedacht war. Wir wollen in die Fluglärmkommission und hoffen auf Ihre Unterstützung.“

Ministerpräsident Matthias Platzeck:

„Meine sehr geehrten Damen und Herren, erst einmal recht herzlichen Dank, dass ich zu Ihnen reden darf. Ich bin deshalb auch aus Überzeugung hergekommen, weil nicht nur ich aber auch ich nehme die Sorgen derer, die vom Fluglärm potentiell betroffen sein können, ernst.

Ich will ihm dabei erst mal klar und unumwunden meine Haltung zu dem Flughafen sagen – der Vorsitzende hat ja grade gesagt, er will klare Meinungen hören – Ich bin vor 21 Jahren in die Landesregierung Brandenburgs eingetreten wissend, dass ich eine Verantwortung übernehme. Und diese Verantwortung besteht daraus, ständig eine Balance, einen Ausgleich herzustellen zwischen Schutzbedürfnissen und Entwicklungsnotwendigkeiten. Und ich habe meine Aufgabe immer so verstanden, dass sie zu vorderst dem dient, dass in diesem Lande Arbeitsplätze erhalten bleiben, die Wirtschaft sich entwickeln kann, Zukunft gesichert werden kann.“

… Laute Buhrufe und Pfiffe …

„Die zwei Minuten müssen Sie sich schon anhören, dann können Sie ja wieder pfeifen.

Das ist meine Verantwortung, der versuche ich gerecht zu werden, damit auch noch in fünf zehn oder zwanzig Jahren in diesem Lande Menschen ihre Perspektive sehen, Löhne und Gehälter gezahlt werden können, Renten und Pensionen ausgezahlt werden können. Und ich bewege mich meine Damen und Herren, da auch in der festen Überzeugung, dass ein Industrieland wie Deutschland auch wie Brandenburg selbstverständlich Folgen mit sich bringt.

Sie werden ein Industrieland nicht zum Nulltarif bekommen. Ein Industrieland braucht unter anderem neben der viel diskutierten – ich komme grad aus solch einer Diskussion – neben der viel diskutierten Energieversorgung auch Mobilität. Und ich weiss sehr wohl, dass egal ob ein Flughafen, egal ob eine Autobahn, egal ob eine Bundesstrasse, dass das alles auch Belastungen und Debatten mit sich bringt. Und ich werde mich auch künftig bemühen, diese Belastung zu minimieren. Aber eins werde ich Ihnen nicht versprechen weil es unredlich wäre:

Industrieland wird man hören, fühlen, schmecken und sehen. Und meine Damen und Herren, wenn wir dazu als Gesellschaft nicht mehr bereit sind, werden wir diesen unseren Wohlstand, über den wir heute durchaus verfügen, künftig nicht mehr sichern können. Da beißt die Maus keinen Faden ab, und das hilft uns in dem Fall nicht zu sagen: Ja dass sehen wir ein, aber Platzeck mach’s bitte woanders. Das haut nicht hin.“

… Zwischenruf: „Platzeck, mach es intelligent“ …

„Zweiter Punkt.

Für eine solche Entwicklung ist es glaube ich unstrittig, dass zu dem Gesamtbereich der Mobilität in unserer modernen Gesellschaft auch das Fliegen dazugehört. Kein Land, keine Region wird sich entwickeln, keine Wissenschaft, keine Wirtschaft, kein Tourismus,  ohne auch eine gute, ja exzellente Luftverkehrsanbindung.“

… wieder laute Buhrufe und Pfiffe und Rufe nach konkreten Antworten …

„Ich komme schon zum Direkten. Die fünf Minuten sind mir zugestanden worden, haben Sie so viel Geduld.

Ohne dem wird es nicht gehen. Und deshalb sage ich Ihnen auch: Die Forderung nach dem völligen Nachtflugverbot werde ich nicht unterschreiben! Werde ich nicht unterschreiben!“

… Laute Pfiffe, Buhrufe, wütende Zwischenrufe …

Peter Kreilinger [per Geste um Ruhe bittend]:

„Liebe Freunde ich habe noch nie eine vernünftige Antwort auf das Worum gehört, noch nie. Und jetzt hörn wir doch mal, ob der Herr Ministerpräsident ein logisches, die Fakten von Tegel, die Fakten des Gesundheitsschutzes die in der Anhörung zu Tage getreten sind und die Fakten von Tokio zum Beispiel, die mit Nachtflugverbot gut leben können und glaube ich auch kein Reis- und Bauernstaat sind, ob er die widerlegen kann.“

Ministerpräsident Matthias Platzeck:

„Ich wäre schon dankbar, Herr Vorsitzender, wenn ich reden könnte, und Co-Kommentar brauche ich eigentlich nicht.“

… Laute Pfiffe und Buhrufe …

„Ja meine Damen und Herren, Sie klagen Ihre Bürgerrechte ein. Auch ein Politiker hat bestimmte Rechte, da er ja auch ein Mensch und Bürger dieses Landes ist. Und nicht mehr habe ich eben eingeklagt.

Ich habe eben gesagt, ein solcher Flughafen braucht auch bestimmte Rahmenbedingungen. Und wenn ich bei vielen Debatten und Diskussionen und Demonstrationen gehört habe, das soll doch nur sein, gute wirtschaftliche Bedingungen für den Flughafen damit das Großkapital, dem der gehört sich bedienen kann, möchte ich noch einmal in Erinnerung bringen: Dieser Flughafen in Schönefeld gehört den Steuerbürgern Brandenburgs und Berlins. Und wenn die Rahmenbedingungen für diesen Flughafen schlechte sind, leidet nicht nur ein Großkapitalist, sondern die Steuerbürger unserer beiden Länder weil die dann den entsprechenden Zuschuss geben müssen. Das ist so, weil wir die Eigentümer dieses Flughafens sind, der sich nicht in privater Hand, sondern in den öffentlichen Händen befindet.

Zu den konkret angesprochenen Punkten.

Auch ich – nicht nur Sie –  bin der festen Überzeugung, dass die Havelseen – um bei denen zu bleiben die am Ende angesprochen wurden bei der Region – mitnichten in Tausenddreihundert Metern Höhe überflogen werden müssen bei den Anflügen. Was da in den letzten Tagen öffentlich geworden ist kann ich nicht nachvollziehen. Wir werden auf Herrn Ramsauer zugehen, der ja manchen starken Spruch schon gemacht hat, und ihn fragen wie es dazu kommen kann, weil die Vorinformationen waren andere, und dass wir alle bis vor kurzem für Sie, für uns auch. Ich halte es auch nach allem, was ich weiß, für nicht nötig, diese Tausenddreihundert Meter sondern eine wesentlich höhere Höhe.“

[Anm. d. Red.: Die Frage, ob schonende Flugroten möglich sind, hängt in erster Linie nicht von der DFS, sondern von der maximalen nachgefragten Kapazität ab. Diese ist gegenüber den früheren Planungen dramatisch angestiegen. Denn die Landesregierungen Berlin und Brandenburg wollen versprechenswidrig ein großes Drehkreuz. Bei einem Drehkreuz – und nur bei einem Drehkreuz! – kommt es aber zu massiven Spitzenbelastungen. Denn um ein attraktives Umsteigen zu ermöglichen, müssen zur gleichen Zeit sehr viele Flieger am Flughafen sein. Genau diese Entscheidung der Landesregierungen zwingt die DFS zum  unabhängigen Parallelbetrieb, zu weit verzweigten Routen und zu den sehr tiefen Anflügen im Radarführungsverfahren.]

„Zweiter Punkt.

Ich glaube es muss einen Dreiklang geben in den nächsten Wochen und Monaten und dieser Mühe müssen wir uns alle unterziehen, wenn wir eine einigermaßen vernünftige Lösung bekommen wollen. Dieser Dreiklang besteht darin – da ist ja in der Lärmkommission schon intensiv gearbeitet worden – möglichst vernünftige Flugrouten zu finden, die die Lage des Flughafens einberechnen aber ringsrum so viel Vernunft walten lassen, dass so wenig Bürger wie möglich betroffen werden.

Zweiter Punkt.“ [Anm. d. Red.: die Zählweise wurde wörtlich zutiert]

„Wie haben noch durchaus Reserven, bei einem Flugbahnenmanagement da ist noch lange nicht alles gemacht worden was das Management zwischen Nord- und Südbahn angeht. Das betrifft weniger die Havelseen sehr wohl aber die in direkter Anliegerschaft gelegenen Frauen und Männer, Menschen, für die wird es wichtig sein wann und wie die Nordbahn und wann und wie die Südbahn genommen wird.

Ein dritter Punkt – und daraus besteht dieser Dreiklang – es wird eine gewisse Zahl Fluglotsen nötig sein, um auch kompliziertere Anflugverfahren und Abflugverfahren möglich zu machen, die es gibt, die denkbar sind, die nicht undenkbar sind aber dazu braucht es eine bestimmte Zahl Fluglotsen. Und auch darauf werden wir sehr deutlich drängen, weil ein Flughafen in dieser Lage hat einen Anspruch darauf, personell so ausgerüstet zu sein, daß auch kompliziertere Verfahren durchgeführt werden können.“

… Höhnischer Zwischenruf: „Am Besten wir verlangen von der DFS, die Flieger sollen senkrecht starten“ …

„Senkrecht wird nicht gehen, dass wissen Sie auch, aber es gibt andere Möglichkeiten die zumindest lastvermindernd wirken.

Ich habe ebend das Thema dritte Start- und Landebahn gehört. Das geht seit wenigen Wochen auf und nieder. Ich kann Ihnen hier nur sagen, dass erstens dieses erstes kein Thema ist, zweitens meine Phantasie nicht reicht, mir in Schönefeld eine dritte Start- und Landebahn auch nur vorstellen zu können und ich deshalb – ja meine Damen und Herren, ich weiß was Frau Ludwig gesagt hat“

… Korrigierender Zwischenruf eines Demonstrierenden: „Nein, das war der Architekt, der das gesagt hat!“…

„Ich kann Ihnen nur sagen, meine Phantasie reicht nicht aus, um mir in Schönefeld an diesen Standort, der schwierig genug ist, eine dritte Start- und Landebahn vorzustellen. Ja, können Sie ja sagen, aber ich kanns Ihnen ja nur sagen, wie ich es empfinde.“

… [Anm. d. Red.: „Meine Phantasie reicht nicht aus…“ Ein klares ‚Nein‘ zur dritten Startbahn hört sich anders an.]

„Und wenn sie das so sagen, sage ich Ihnen auch noch mal zum Thema Frau Ludwig: Ich finde es schon ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich, dass jemand – ja Sie mögen das mutig nennen. Ich stehe immer für die Verantwortung auch aus früheren Zeiten, die ich wahrgenommen habe ein. Und in einer Partei zu sein, die diesen Flughafen durchgedrückt hat ’96, dann zehn Jahre lang in diesem Land bis vor kurzem Regierungsverantwortung gerade für das Flughafenministerium, für das Wirtschaftsministerium nicht getragen hat und sich jetzt kurze Zeit danach hinzustellen und zu sagen, war ich nicht dabei, wir gucken jetzt mal anders. Für mich ist das kein verantwortliches Handeln, Sie werden so was von mir nicht hören. Und da lasse ich mich lieber auspfeifen aber ich glaube, Politik muss auch stringent und berechenbar bleiben, sonst wird sich ein Land nicht entwickeln können, meine Damen und Herren.

…Laute Buh-Rufe und Pfiffe …
[Anm. d. Red.] Der Ministerpräsident hat Saskia Ludwig falsch zitiert. Ludwig hat gar nicht gesagt, dass die CDU nicht beteiligt war an der Standort-Entscheidung.

„Ja das ist ja das schöne, dass wir in einer Demokratie leben, da kann ja auch jeder dazu auch seine Meinung haben, ich kann Ihnen nur meine Meinung dazu sagen.

Wir werden gemeinsam, auch mit den Kollegen der Flugsicherung, auch wenn ich sie in Ihrem Handeln jetzt vor einigen Tagen absolut nicht verstanden habe, versuchen diese drei Punkte durchzudeklinieren, um so wenig Belastung wie möglich zu erzeugen. Dazu kommt noch das Gerichtsurteil in wenigen Tagen, mit dem wir hier umzugehen haben, wo ja  geprüft wird, was wirklich wirtschaftlich notwendig ist und was nicht notwendig ist. Und dann werden wir damit umzugehen haben.

Ich bin der festen Überzeugung, dass mit Vernunft und Augenmaß vom jetzigen Stand noch allerhand zu erreichen ist, so dass viele derer, die heute auch noch in Ängsten sind, feststellen werden – und dafür werden wir arbeiten – dass diese Ängste im realen Leben sich am Ende nicht umsetzen und realisieren.

Aber meine Damen und Herren ich sage Ihnen das noch einmal. Sie werden in einer dicht besiedelten Region egal ob bei Industrieentwicklung, egal ob Verkehrsentwicklung, egal ob beim Bau eines Flughafens es nicht hinbekommen, dass Sie einen Konsens mit allen erzielen und jedem versprechen können, er wird davon nichts spüren. Ich werde das nicht tun, weil das wäre die blanke Lüge. Ich danke Ihnen.“

Peter Kreilinger:

„Ich kann die Aufregung verstehen, denn ich hab manche Antwort nicht bekommen, die ich eigentlich eingefordert hatte. Insbesondere ist es wieder nicht über das hinausgegangen stereotyp zu sagen: „Wirtschaftlichkeit erfordert Nachtflug.“ Ich sag es einfach noch mal: Tegel läuft. Tegel läuft gut. Tegel wächst, Schönefeld nicht. In Schönefeld können Sie die ganze Nacht fliegen in Tegel nicht. Das widerlegt einfach Alles.

Ansonsten kann ich auch nur sagen, Sie waren offenbar in Rangsdorf nicht dabei. Klar – weiß ich ja auch – sonst hätte man Sie ja gesehen. Aber Sie haben offenbar auch nicht gut erzählt bekommen, was dort gesagt worden ist. Dort ist nämlich nicht gesagt worden: ‚Wir waren nicht dabei‘. Sondern dort ist gesagt worden: ‚Wir waren dabei, wir waren nicht gut informiert, wir waren nicht schlau genug, um es zu verstehen. Aber wir hören heute zu und wir lernen dazu.‘ Und der denkende Mensch ändert seine Meinung. Der Mensch hört zu, wenn die Lärmmedizin neue Erkenntnisse hat. Und da geht ein roter Faden hindurch, nämlich dass immer mehr herauskommt, dass schon zu erheblichen Gesundheitsgefahren führt, was man früher noch als völlig harmlos angesehen hat. Und diese neuen Erkenntnisse, die werden ignoriert.

Aber maßlos enttäuscht bin ich darüber, dass Sie uns wieder erzählen, das Gericht würde irgendwas entscheiden. Ich will es noch mal in aller Deutlichkeit sagen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie es nicht verstanden haben – dann fragen Sie Ihre Verwaltungsrechtler: Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet, ob Sie eine völlig unvertretbare Abwägungsentscheidung getroffen haben, so dass die Bürger gegen den Wunsch ihrer gewählten Volksvertreter etwas Anderes erzwingen können. Das ist der Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet mitnichten darüber, ob Sie den Airlines so viel geben mussten, wie Sie ihnen gegeben haben. Sie haben den Spieß umgedreht! Sie sind an die äußerste Grenze dessen gegangen, was vielleicht zu Gunsten der Airlines und zu Lasten der Bürger rechtlich noch machbar ist. Und nur das wird überprüft werden, ob Sie den Bogen abermals überspannt haben. Aber es wird in keiner Weise vom Gericht ein ‚Persil-Schein‘ kommen, dass das, was Sie entschieden haben, politisch richtig ist.

Und wir wollen Ihnen einen Denkzettel mit auf den Weg geben, weil ich hoffe, dass das letzte Wort nicht gesprochen ist. Und dass die letzte Erkenntnis noch nicht gewonnen ist. Dieser Denkzettel wird jetzt entrollt und wir hoffen sehr, dass Sie ihn sich zu Herzen nehmen und dass Sie die Sache noch mal überdenken.“

Transparent für Ministerpräsident Matthias Platzeck

Bild: PPM
… Das Transparent wird entrollt. Platzeck tritt mit säuerlichem Gesichtsausdruck und ohne Verabschiedung ab…

Peter Kreilinger an die Demo-Teilnehmer:

„Die Hoffnung stirbt zuletzt. Dass man von einem Politiker Antworten auf konkrete Fragen erhält, war eine dieser Hoffnungen. Ich danke allen die da waren, ich glaube man hat noch mal mitgekriegt, wie wenig angekommen ist, wie wenig die Bereitschaft da ist zuzuhören und weiterzudenken. Also hilft nur eines: Weiterkämpfen! Deutlich machen, wofür wir stehen! Es gibt nur eines: 22:00 -06:00 Uhr muss Ruhe sein.

Und in diesem Sinne, 10. September nächste Gelegenheit in Schönefeld dafür deutlich einzustehen. Allen noch mal herzlichen Dank fürs tolle Engagement einen guten Nachhauseweg und wir kämpfen weiter.“

[Anm. d. Red. Eine Antwort auf die Frage nach der Mitgliedschaft in der Fluglärmkomission suchen Sie hier vergebens, obwohl die Rede vollständig wiedergegeben ist. Der Ministerpräsident hat diese konkrete Antwort, zu der er angeblich (nach dem Vortrag des Textes seiner Redenschreiber) noch kommen wollte, schlicht verweigert.]

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